Rupturen und Implantat Defekte, Kapselfibrose, Breast-Implant-Illness, T-Lymphozyten und warum Brustimplantate die Krebsfrüherkennung erschweren können.
Wie oft bin ich an einer attraktiven Frau vorbeigelaufen und dachte mir: „Wow! Was für ein schönes Dekolleté. Die hat bestimmt gemachte Brüste!“ Nicht böse gemeint und auch nicht aus Neid. Eher aus Faszination für die Größe, Form und Festigkeit. So ein klassischer „Will-ich-auch-haben“– Moment.
Keine Frage: Schöne runde und feste Brüste gelten als Sinnbild für Weiblichkeit und „guten Genen.“ Die Natur ist nicht gerade für Gleichberechtigung bekannt (sorry). Nicht jede Frau hat das „genetische Glück“, mit einer vollen, straffen Oberweite gesegnet zu sein. Der Wunsch nach der perfekten Brust ist bei vielen da. So sehr, dass viele Frauen dafür sogar den Weg zum OP-Tisch gehen.
Im Jahr 2023 wurden in Deutschland 71.464 Brustvergrößerungen durchgeführt. Wohlgemerkt handelt es sich bei den 71.464 um Eingriffen, die hierzulande offiziell erfasst wurden. Eingriffe, die Frauen im Ausland (z.B. in der Türkei oder Osteuropa) haben machen lassen, sind in dieser Zahl nicht enthalten. Ich persönlich schätze, dass die tatsächliche Zahl mindestens um 10% höher liegt.
Es klingt so einfach:
Unzufrieden mit der Brust?
Kein Problem.
Termin beim Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie machen.
Geld hinlegen.
Unters Messer.
Neue Brüste.
Fertig.
Was in der Vorstellung so einfach klingt ist in der Realität deutlich komplexer. Eine Brustvergrößerung mit Implantaten ist kein Wellness Programm! Es ist und bleibt ein körperlich anstrengender Eingriff, bei dem ein Fremdkörper in deinen Körper eingesetzt wird!
Die Operation selbst läuft in der Regel problemlos ab. Die Komplikationen zeigen sich oft erst später. Und das völlig unerwartet.
Warum?
Laut dem Deutschen Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (kurz: BfArM) war vielen Frauen zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung nicht bewusst, mit welchen Risiken und möglichen Spätfolgen eine Brustvergrößerung verbunden sein kann.
In diesem Beitrag klären wir dich über die unterschätzen Risiken von Brustimplantaten bei einer Brustvergrößerung auf. Wir sprechen über:
- Rupturen und Implantat Defekte
- Kapselfibrose
- Breast-Implant-Illness (BII)
- das Brustimplantate-assoziiertes großzelliges analplastisches Lymphom (kurz: BIA-ALCL)
- Und ganz besonders: wie Brustimplantate die Krebsfrüherkennung erschweren können.
Ein Disclaimer vorab:
Die Studienlage zu den gesundheitlichen Risiken von Brustimplantaten ist aktuell noch etwas „fuzzy“, also nicht ganz eindeutig.
Das liegt unter anderem daran, dass viele der auftretenden Beschwerden noch nicht ausreichend erforscht sind oder von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) (noch) nicht offiziell als Erkrankung anerkannt wurden.
Trotzdem gibt es erste Daten, Erfahrungsberichte und wissenschaftliche Hinweise, die ernst genommen werden sollten. Um die geht es in diesem Beitrag.
Kapselfibrose nach Einsetzen des Brustimplantats.
Die Kapselfibrose ist eine der häufigsten Komplikationen nach dem Einsetzen eines Brustimplantats. So entsteht sie:
Nach der OP bildet dein Körper eine dünne, bindegewebige Hülle um das Implantat. Das ist an sich völlig normal und sogar sinnvoll. So bleibt das Implantat im Körper an Ort und Stelle. Smart Body!
Problematisch wird es dann, wenn das Gewebe übermäßig stark wächst und das Implantat zusammenpresst. Geschieht das, dann spricht man von einer Kapselfibrose.
Typische Anzeichen einer Kapselfibrose sind:
- Schmerzen in der Brust
- Verhärtungen an der Brust, die du ertasten kannst
- Kapselfibrose im fortgeschrittenem Stadium: sichtbare Verformung der Brust
Wie oft tritt eine Kapselfibrose auf?
Wie oft eine Kapselfibrose auftritt, hängt unter anderem von der Implantatoberfläche ab.
- Bei glatten Implantaten liegt die Wahrscheinlichkeit einer Kapselfibrose deutlich höher.
- Bei texturierten Implantaten ist das Risiko geringer.
Bei ästhetischen Brustvergrößerungen liegt die Häufigkeit einer Kapselfibrose zwischen 0,6 % und 17,4 %.
Bei rekonstruktiven Eingriffen ist sie deutlich höher: 21,1 % bis 47,7 %. Das liegt daran, dass hier oft eine Krankheitsvorgeschichte und verändertes Gewebe eine Rolle spielen.
Kapselfibrosen können kurz nach der OP auftreten, oder erst viele Jahre später.
Was tun bei einem Verdacht auf Kapselfibrose?
Wenn bei dir ein Verdacht auf Kapselfibrose besteht, lass das unbedingt von einem Facharzt checken. Je nach Schweregrad gibt es unterschiedliche Behandlungsmöglichkeiten:
- Leichte Formen können mit Massagen oder Ultraschalltherapie behandelt werden.
- Schwere Kapselfibrosen erfordern oft eine OP. Dabei wird die Kapsel entfernt, manchmal auch gleich das Implantat selbst.
Wieder ein Eingriff, wieder eine Belastung: Für den Körper und je nach Situation auch fürs Portemonnaie.
Breast-Implant-Illness (BII).
Die Breast Implant Illness, kurz BII, ist ein noch relativ neues Krankheitsbild im Zusammenhang mit Brustimplantaten. Es steht nicht offiziell als medizinische Diagnose fest, wird aber von immer mehr betroffenen Frauen gemeldet und zunehmend von Medizinern ernst genommen.
BII beschreibt eine Vielzahl unspezifischer Beschwerden, die im Zusammenhang mit Brustimplantaten auftreten können. Zu den häufigsten Symptomen zählen:
- Chronische Müdigkeit
- Gelenk- und Muskelschmerzen
- Herzrasen
- Konzentrationsstörungen und Vergesslichkeit (Brain Fog)
- Migräne
- Muskelschwäche
- Taubheitsgefühle
- Hautausschläge
Das Problem: Es gibt bislang keine klaren diagnostischen Marker, um BII eindeutig nachzuweisen. Auch eine offizielle ICD-10-Klassifizierung durch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) liegt derzeit noch nicht vor. Das bedeutet, dass BII bislang nicht als anerkannte Krankheit gilt.
Trotzdem nimmt das Thema Breast-Implant-Illness an Bedeutung zu. Nicht zuletzt durch Rückmeldungen von Betroffenen. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat auf Basis sogenannter Vigilanzmeldungen (also offizielle Meldungen über Nebenwirkungen oder Komplikationen von Medizinprodukten) eine Befragung unter Patientinnen durchgeführt.
Stand 05.12.2024 lagen dem BfArM Informationen von 92 betroffenen Frauen zu ihren Brustimplantaten vor:
- 56 Patientinnen hatten sich ihre Implantate bereits entfernen lassen
- Davon berichteten 44, dass sich ihre Beschwerden nach der Explantation verbessert haben
- 12 merkten keine Veränderung
- 6 machten keine Angabe
- 30 Frauen hatten ihre Brustimplantate zum Zeitpunkt der Befragung noch nicht entfernen lassen
Diese Zahlen zeigen: Ein möglicher Zusammenhang zwischen Brustimplantaten und den oben genannten Symptomen der BII kann nicht ausgeschlossen werden, auch wenn der Zusammenhang wissenschaftlich noch nicht belegt ist. BII bleibt ein Bereich, in dem weiter geforscht werden muss. Daher sollten betroffene Frauen von Fachärzten ernst genommen werden.
Brustimplantat-assoziiertes anaplastisches großzelliges Lymphom (BIA-ALCL).
Was hat es mit den T-Lymphozyten auf sich?
Eine weitere, wenn auch seltene, aber ernstzunehmende Komplikation im Zusammenhang mit Brustimplantaten ist das sogenannte BIA-ALCL. Das steht für:
Brustimplantat-assoziiertes anaplastisches großzelliges Lymphom.
Dabei handelt es sich um eine bösartige Erkrankung des Immunsystems, genauer gesagt: um einen Tumor, der von bestimmten weißen Blutkörperchen, den sogenannten T-Lymphozyten, ausgeht.
Wichtig: BIA-ALCL ist kein Brustkrebs! Es handelt sich um eine eigenständige Form von Lymphdrüsenkrebs, die im Gewebe um das Implantat entstehen kann, also in der Kapsel, die der Körper ganz natürlich um das Implantat herum in der Heilungsphase gebildet hat.
Die Erkrankung ist noch wenig erforscht. In der medizinischen Fachliteratur wird aber von einem Vorkommen bei etwa 1 von 3.000 Frauen mit bestimmten Implantaten gesprochen.
Was bislang über das Auftreten des BIA-ALCL bekannt ist:
- Betroffen sind fast ausschließlich texturierte (aufgeraute) Brustimplantate.
- Besonders häufig kam es zu Vorfällen von BIA-ALCL mit den Biocell-Implantaten des Herstellers Allergan
Wegen dieser Zusammenhänge wurden die Biocell-Implantate bereits in mehreren Ländern vom Markt genommen.
Wichtig zu wissen: Das Risiko für BIA-ALCL ist insgesamt sehr gering, aber nicht gleich null! Vor allem, wenn du texturierte Implantate hast oder dich für solche interessierst, solltest du das Thema bei deinem Facharzt unbedingt ansprechen.
Typische Symptome, die auf BIA-ALCL hinweisen können, sind:
- Schwellungen oder Flüssigkeitsansammlungen in der Brust (oft viele Jahre nach der OP)
- Verhärtungen
- Knotenbildung oder Schmerzen
Wenn du so etwas bei dir beobachtest: Bitte unbedingt ärztlich abklären lassen!
Erschwerte Krebsfrüherkennung durch Brustimplantate.
Was die Brust schön macht, kann Diagnosen erschweren.
Ein Punkt, über den viel zu selten gesprochen wird: Brustimplantate können die Früherkennung von Brustkrebs erschwere. Das hat ernsthafte Konsequenzen.
Zwei große Metaanalysen (das sind Studien, die mehrere wissenschaftliche Untersuchungen systematisch zusammenfassen und auswerten) haben sich genau mit dieser Frage beschäftigt:
Hat ein Implantat Einfluss darauf, wie früh ein Brustkrebs entdeckt wird? Wie gut stehen die Heilungschancen?
Erste Metaanalyse zur Krebsfrüherkennung durch Brustimplantate.
Untersucht wurde, ob Brustkrebs bei Frauen mit Implantaten später erkannt wird als bei Frauen ohne Implantate. Dafür wurden zwölf Beobachtungsstudien ausgewertet.
Das Ergebnis:
Bei Frauen mit Brustimplantaten war das Risiko, dass ein Tumor bei der Diagnose bereits fortgeschritten war, um 26 % erhöht, im Vergleich zu Frauen ohne Implantate.
Die sogenannte Hazard Ratio lag bei 1,26 (mit einem 95%-Konfidenzintervall von 0,99–1,60, p = 0,058).
Was heißt das?
Die Ergebnisse verfehlten knapp die statistische Signifikanz, deuten aber deutlich auf einen Zusammenhang hin.
Zweite Metaanalyse zur Krebsfrüherkennung durch Brustimplantate.
Hier ging es um die Frage, ob Brustimplantate die Sterblichkeit bei Brustkrebspatientinnen erhöhen.
Das Ergebnis:
Die Wahrscheinlichkeit, an Brustkrebs zu sterben, war bei Frauen mit Implantaten um 38 % höher als bei Frauen ohne Implantate. Auch hier gab es Einschränkungen in der Datenlage. Zum Beispiel fehlten Infos zum Alter oder Body-Mass-Index der Patientinnen.
Was heißt das für dich?
Auch wenn diese Studien nicht perfekt sind: Sie bestätigen Hinweise, die Fachleute (z. B. Radiolog:innen) schon lange beobachten.
Implantate, insbesondere wenn sie präpektoral, also über dem Brustmuskel, eingesetzt wurden, erschweren die Diagnose per Mammographie oder Ultraschall.
Das macht es wahrscheinlicher, dass ein Tumor später erkannt wird und sich dadurch schlechter behandeln lässt.
Fazit: Schöne Brüste ja, aber nicht um jeden Preis!
Brustimplantate können das Selbstwertgefühl steigern und ein großer Schritt zu mehr Zufriedenheit mit dem eigenen Körper sein. Aber sie sind auch eine körperliche und gesundheitliche Entscheidung, die weit über die erste OP hinausreicht.
Was viele nicht wissen:
Ein Implantat ist kein passives Accessoire, sondern ein lebenslanger Begleiter mit Risiken, Komplikationen und der Verantwortung, den eigenen Körper gut zu beobachten.
Was du aus diesem Beitrag mitnehmen solltest:
Nicht jeder Arzt wird dir alle Risiken proaktiv erklären. Deshalb ist es umso wichtiger, dass du dich vorab über die Risiken einer Brustvergrößerung selbst informierst. Lass dich beraten, hör auf dein Bauchgefühl. Nimm deine Zweifel ernst. Manchmal steckt hinter dem Wunsch nach Veränderung ein ganz anderes Thema, das mehr Aufmerksamkeit verdient als eine OP.
Checkliste: Was du vor und nach einer Brustvergrößerung tun solltest.
Damit du auf der sicheren Seite bist, gesundheitlich und emotional. Hier ein paar klare Empfehlungen:
- Mach dir eine Pro- und Contra-Liste:
Was verspreche ich mir wirklich von der Brustvergrößerung? Will ich die OP wirklich, oder kompensiere ich gerade etwas anderes? Wenn du dir unsicher bist, gönn dir eine Sitzung bei einer Therapeutin oder einem Coach.
- Sprich mit deiner Gynäkologin:
Lass deine Brust vorab gründlich untersuchen. Deine Frauenärztin kennt deinen Körper und kann dich auch bei der Entscheidungsfindung unterstützen.
- Registriere deine Implantate im Implantateregister Deutschland:
In der Regel übernimmt das der behandelnde Facharzt, aber Eigeninitiative lohnt sich. So wirst du informiert, falls dein Implantat später als bedenklich eingestuft oder sogar zurückgerufen wird.
- Plane regelmäßige Kontrollen ein – mindestens alle 12 Monate:
Eigenverantwortlich heißt: Du kümmerst dich aktiv um deine Vorsorge. Ultraschall oder MRT können helfen, Veränderungen früh zu erkennen.
- Setz dich mit dem Hersteller auseinander:
Informiere dich über das Implantat-Modell und die Firma. Wenn du unsicher bist, schau auf unserer Seite zu Brustimplantaten vorbei und hole dir Erstinformationen für deine weitere Recherche. Hier geht es zu unserer Seite zu den TOP 3 Brustimplantate Hersteller. Alternativ helfen wir dir gern weiter. Schreib uns an!
- Tastuntersuchung: Du bist dein bester Bodyguard.
Taste deine Brüste regelmäßig selbst ab. Du kennst deinen Körper besser als jeder Arzt.
- Vermeide Extremsportarten oder starke Brustbelastung:
Gerade bei Rupturgefahr und langfristiger Belastung lohnt es sich, vorsichtig zu sein.
Für Julie!
Du bist der Grund, warum dieser Beitrag existiert. I love you!