Schönheitsoperationen versprechen oft mehr Selbstbewusstsein und Zufriedenheit mit dem eigenen Äußeren. Doch was, wenn nach dem Eingriff statt Zufriedenheit eine unerwartete emotionale Tiefphase folgt? Viele Patientinnen erleben nach einer Schönheitsoperation den sogenannten „Post-OP-Blues“, eine temporäre depressive Verstimmung, die sogar den selbstgewählten Eingriff bereuen lässt.
In diesem Beitrag erfährst du, was hinter der postoperativen Depression steckt, warum dieser emotionale Zustand auftritt, welche Symptome typisch sind und wie du am besten mit ihnen umgehen kannst.
Was ist eine postoperative Depression?
Eine postoperative Depression ist keine klinische Depression im eigentlichen Sinne. Dennoch kann eine postoperative Depression Auslöser für eine depressive Episode sein und kann sich durch Müdigkeit oder allgemeines Unwohlsein äußern. Ca. 30% der Patientinnen leiden nach einer Schönheitsoperation unter einer postoperativen Depression. Die Zahl ist eine ungefähre Angabe, denn es gibt kaum Studien zum Thema postoperative Depression. zwar hat das Aesthetic Surgery Journal Open Forum am 13. Oktober 2022 dazu ein „Mini-Review“ veröffentlicht, allerdings basieren die verfügbaren Daten auf die sogenannte Level-5-Evidence. Das bedeutet, dass die Erkenntnisse dieser „Studie“ hauptsächlich aus Expertenmeinungen, Fallberichten oder retrospektiven Analysen stammen, statt aus groß angelegten Studien. Ein Thema, welches noch in den Kinderschuhen steckt und in Ärztekreisen noch nicht weit verbreitet ist.
Symptome einer postoperativen Depression.
Die Anzeichen einer postoperativen Verstimmung ähneln denen einer klassischen Depression. Dazu gehören:
- Antriebslosigkeit
- Konzentrationsschwierigkeiten
- Appetitlosigkeit
- Schlafstörungen
- allgemeines Unwohlsein
- Ängste
- schnelle Reizbarkeit
- innere Traurigkeit
Warum tritt eine postoperative Depression auf?
Viele Chirurgen und Anästhesisten konzentrieren sich bei einem OP-Aufklärungsgespräch vorwiegend auf körperliche Risiken einer Operation wie Erbrechen nach einer Narkose, mögliche Thrombosen, usw. Die psychischen Auswirkungen einer Schönheitsoperation werden oft vernachlässigt. Das liegt keineswegs an mangelnder Kompetenz der Fachärzte. Vielmehr besteht die Priorität eines Facharztes darin, das Leben und die körperliche Gesundheit der Patientin zu sichern.
Folgende Faktoren begünstigen eine postoperative Depression:
- Bereits vorhandene depressive Verstimmung.
- Veränderung des Erscheinungsbilds: Selbst wenn das Ergebnis einer Schönheitsoperation dem gewünschten Ideal entspricht, braucht das Gehirn Zeit sich an das neue Erscheinungsbild zu gewöhnen.
- Physisches Unwohlsein und Schmerzen: Schmerzen und Schwellungen nach einer OP können das allgemeine Wohlbefinden einschränken und sich temporär auf die Psyche schlagen.
- Abhängigkeit von dritten: Wer nach einer Schönheitsoperation auf Unterstützung angewiesen ist (alle Single Ladies fühlen es), kann sich in der Situation hilflos und entmündigt fühlen.
- Reaktion auf Medikamente und Narkose: Narkose und Schmerzmittel beeinflussen unsere Neurotransmitter und Hormone wie Serotonin und Dopamin. Diese Disbalance kann depressive Verstimmungen auslösen, oder bereits vorhandene sogar verstärken.
Was kann ich gegen eine postoperative Depression tun?
Es gibt verschiedene Wege, um eine postoperative Depression nach einer Schönheitsoperation zu mindern:
- Leichte Bewegung: Spaziergänge oder sanftes Stretching (wenn ärztlich erlaubt) hebt die Stimmung.
- Ausgewogene Ernährung: Nährstoffreiche Lebensmittel wie Obst, Gemüse, Vollkornprodukte, gesunde Fette und Proteine unterstützen die Heilung und das Wohlbefinden. Verzichte in der Heilungsphase auf Alkohol, Nikotin, Zucker, Fertigprodukte, Energy Drinks, Softdrinks und Koffein. Sie verlangsamen die Wundheilung und wirken sich negativ auf unsere Psyche aus.
- Ruhe und Selbstfürsorge: Der Körper braucht Zeit um sich nach einem Eingriff zu erholen. Übermäßige Belastung kann kontraproduktiv sein. Gehe deinen Alltag mit Ruhe an und tauche nicht, wie gewohnt, gleich in deinen Arbeitsalltag ein.
- Habe Geduld! Eine Heilung läuft nicht linear und dein Körper ist nicht jeden Tag gleich. Rückschläge gehören auch zur Heilungsphase.
- Informiere dich vorab über deinen Schönheitseingriff! Wer weiß, was ihn durch seine Schönheitsoperation erwartet, kann sich mental besser auf den Eingriff und die Zeit danach vorbereiten. Sprich mit Gleichgesinnten, oder schreibe uns an!
Fazit:
Die postoperative Depression ist eine häufige, aber oft noch unterschätzte Begleiterscheinung von Schönheitsoperationen. Wer sich einem Schönheitseingriff unterzieht, sollte sich nicht nur auf die körperliche Veränderung einstellen, sondern sich auch auf die möglichen emotionalen Herausforderungen vorbereiten.
Mit der richtigen Unterstützung und Selbstfürsorge kann die Phase der postoperativen Depression schnell und erfolgreich gemeistert werden. Sollte sich die depressive Verstimmung jedoch länger als zwei Wochen hinziehen, ist eine ärztliche oder psychologische Beratung ratsam.
Eine Soforthilfe gibt es kostenlos bei der Deutschen Depressionshilfe unter der 0800 33 44 533.
Persönliche Erfahrung bei einer postoperativen Depression:
Ich selbst habe bereits vier Schönheitsoperationen hinter mir: eine Oberlidstraffung, eine Fettabsaugung an den Hüften, eine Schädelkorrektur und eine Nasen-OP. Die Oberlidstraffung und die Fettabsaugung erfolgten unter Lokalanästhesie und die letzten beiden unter Vollnarkose. Besonders nach den Eingriffen unter Vollnarkose litt ich jeweils an einer postoperativen Depression. Beim ersten Mal konnte ich meine Gefühle nicht einordnen und habe mich selbst durch diverse Artikel und Internet Foren durchgewühlt. Spoiler: es gibt nicht viele!
Ich habe gelernt, dass das Gehirn nach einem Schönheitseingriff Zeit braucht, um sich an das neue Erscheinungsbild zu gewöhnen. Das ist völlig normal, denn man wacht plötzlich ohne Reiterhosen oder mit einer neuen Nase auf. Es entsteht eine Divergenz zwischen Körper und Geist, die sich erst noch einpendeln muss.
Was mir persönlich bei einer postoperativen Depression geholfen hat:
- Autogenes Training: Schon vor der Schönheitsoperation habe ich mir bewusst gemacht, dass alle Gefühle nach dem Eingriff normal sind. Zusätzlich habe ich mich mit den biochemischen Vorgängen bei einer Narkose im Gehirn und Körper auseinandergesetzt. Das half mir es objektiv zu verstehen.
- Tagebuch führen: Ich habe meine Emotionen reflektiert und mir ganz genau angeschaut, welche Emotionen vor der Operation da waren und welche neu hinzu kamen. Das half mir einen nüchternen und distanzierten Blick auf meine emotionale Verstimmung zu erhalten.
- Achtsamkeit in den ersten zwei Heilungswochen: Ich bin regelmäßig spazieren gegangen, mich nährstoffreich ernährt und mich mit liebevollen Menschen umgeben. Das hat den Serotonin- und Dopamin-Spiegel aktiviert.
Diese Maßnahmen haben mir persönlich geholfen meine Emotionen nach einer Schönheitsoperation zu verstehen und besser mit ihnen umzugehen. Mein Rat an alle, die einen Schönheitseingriff in Betracht ziehen oder gerade erst hinter sich haben: Gebt euch selbst Zeit! Seid geduldig mit euren Gefühlen und vergesst nicht, dass Heilung nicht nur körperlich, sondern auch emotional stattfindet. Falls euch eure Gefühle dennoch überfordern sollten: sucht euch Unterstützung! Egal ob im Freundeskreis oder professionell!
Wertvolle Links für einen Deep Dive:
Jones H., Faulkner H., Losken A. (2022, Oktober 13): The Psychological Impact of Aesthetic Surgery: A Mini-Review. PubMed Central.
Postoperative Depression auf ScienceDirect. https://www.sciencedirect.com/topics/neuroscience/postoperative-depression
Artikel zu „Depressionen und Angst begünstigen Wundheilstörungen„. Deutsches Ärzteblatt.